Vordere Sonnenwand, 3156 mtr

Vordere Sonnenwand, 3156 mtr

hinten linke Bildhälfte, da schaut er uns schon entgegen, dieser verwegene Spitz

Recherche: ein 3000er, Bikebenützung, Hütte, II-er Kletterstellen erwünscht. Das solls werden. Und schon bin ich fündig – und obendrein noch quasi „nahe, vor der Haustür`“. MEIN Plan steht fest: am Freitag sofort nach Dienst begebe ich mich auf die Pforzheimer Hütte, lasse es mir dort gutgehen und am nächsten Tag geht’s auf den Gipfel. Und es findet sich sogar (vorerst  ein) Mitstreiter, der Michael zieht den Gipfelsturm der Grenzkamm-Bikeparade der anderen Freunde vor.

Schnell hole ich ihn ab und schon um 17:45 Uhr brechen wir mit dem Rad von Sankt Sigmund auf. Der manchmal  grobschottrige Fahrweg ist nicht immer auch fahrtauglich. Es tut nix, plaudernd wird eben auch geschoben. Wichtig ist ja nur, daß der mühsame Abstieg durch die Bege versüßt wird. Die Drahtesel verstauen wir bei der hinteren Gleirschalm und steigen zur Hütte auf dem nahegelegenen Steig auf. Nach etwas weniger als 2 Stunden kommen wir,  gut gelaunt und hungrig an.Die fesche Bedienung zeigt uns unser Reich, ein sauberes, uriges 4-Bettzimmer.

Auf der Hütte sind 8 andere Gäste. Jawoll, das mögen wir, kein Streß und man hat Zeit, sich miteinander zu unterhalten. Irgendwann kommt die Rede auf unser morgiges Ziel und schnell fällt der Name Willy Kreuzer. Der war nämlich am 31.8.2011 da und hat den ganzen Kamm vom Zwieselbacher Grießkogel bis zur hinteren Sonnenwand  überklettert. Durch regelmäßiges lesen und posten im „Gipfeltreffen.at“ ist dieser Name zum Begriff geworden und sicher gibt es niemand leidenschaftlicheren als ihn, wenn es um Berge und die Besteigung von 3000ern geht. Sein  Ziel ist ja, alle benannten 3000er in Österreich zu erklettern. Viele fehlen nicht mehr…

Recht zeitig hauen wir uns in die Harpfn mit dem Vorsatz, bis 07.00 Uhr zu schlafen. Tun wir auch. Aber nach dem Aufwachen und auch in der Nacht habe ich plätschernde Geräusche gehört, mit denen ich nichts anfangen konnte. Der Wetterbericht hatte nämlich von Regen überhaupt nichts erwähnt, im Gegenteil.  Es sollte lediglich am Samstag nachmittag, „vielleicht den einen oder anderen unergiebigen Schauer abgeben“. Die Wirtin klärt uns auf. „Ein unvorhersehbares Tief“ kam übernacht vollkommen überraschend und näßte alles ein. Bärig, ich zitiere Klier: „Kurz unter dem Gipfel plattiger Fels, ausgesetzte Stellen, bei Nässe schwierig“.

Das führt dazu, daß wir unser Frühstück notgedrungen in die Länge zogen. Was sollen wir auch bei strömendem Regen und Wind aufbrechen?  Da geht plötzlich die Stubentüre auf, und wer spaziert herein? Der Schöffi und der Bernie! Wir müssen alle viere herzhaft lachen und trotz extrem-Gammelwetter draußen geht doch ein bißchen die Sonne auf.  So einfach schüttelt man die Burschen nicht ab, dann eben mit Stirnlampenaufbruch, und da sind sie schon. Erst um 09:20 Uhr verlassen wir die Hütte. Noch immer regnet es. Welche Irren sind wir eigentlich?

die Identität des Schirmträgers geben wir an dieser Stelle nicht (!!) bekannt….. 🙂

Die Gleirsch-Seen sind unsere erste Zwischenstation, die Hoffnung auf einen Gipfelsieg schwindet aber zunehmends.

Wir quälen uns über moosbewachsene, Grobschotterblöcke schräg nach oben, bis wir in einer wüsten weglosen Rinne fortsetzen.

Mittlerweile hat es gottseidank aufgehört zu regnen und es kommt sogar die Sonne zum Vorschein. Irgendwie hoffen wir auf ein kleines Wunder und darauf, daß  in ganz kurzer Zeit vielleicht doch die Felsen trocknen? Oben verflacht es sich und wird kurz angenehmer, aber gleich geht`s weiter über fußballgroße Brocken, die permanent unter einem wegrutschen. Einen weiteren Steilrücken quälen wir uns hinauf und sammeln uns. Die Scharte rückt näher, aber das Vorwärtskommen ist mühsamst sondersgleichen. Am direkten Schartenaufstieg folgen ein paar plattige Stellen und Michels Psyche wird dabei  erstmals  auf die Probe gestellt.

Gegen 11:40 Uhr beginnen wir die Gratkletterei. Michael ist es zu haarig, er schaut uns noch nach und wartet buchlesend auf uns. Schon der erste Riß-Quergang erinnert nicht an schöne II-er Kraxeleien und mahnt zur Vorsicht. Weiter oben machen zwar gute Griffe und Tritte Lust aufs weiterklettern, die Nässe baut aber einen Unsicherheitsfaktor ein, der nicht zu unterschätzen ist. Vielfach flechtenbewachsenes und sehr rutschiges Gestein erschweren das bedenkenlose Vorwärtskommen. So kommt es, daß wir auf einer Höhe von 3090 Meter die Vorsicht  siegen lassen und umkehren. Kein Gipfel ist es wert, daß man sich verletzt oder – Holzklopf – gar Schlimmeres passiert.

Der Abstieg hats ja ohnehin auch noch in sich. Und damit ist die Kletterlust auch gestillt. Zurück beim Depot mit Michael besprechen wir alles noch nach und jausnen ausgiebig.

Runter geht’s diesmal über die andere Seite, das Schutt- und Geröllfeld über das wir absteigen, hat riesige  Dimensionen.

Manche Klötze liegen im Feld, als wenn sie jemand vergessen hätte, abzuholen.

Zurück bei der Hütte gibt’s ein Belohnungsbierchen, gleich anschließend stresse ich ein bißchen, weil die 50er-Geburtstagsparty vom Gado ansteht. Also verabschieden wir uns vom Berni und Gert  und jeten  einen Stock tiefer zu den Bikes. Yihaaaah, jetzt wird der Lohn des mühsamen Aufritts kassiert. Elegant und leicht federnd trailen wir gen Tal. Aber nach 2/3 Weg nimmt der Mikel (mit dem nur vorne gefederten Rad) eine Bodenwelle zu rassig und es macht „pffffffffffhhhhhhhhhhhhh“. Oi Oi Oi Oijeeeee. Shit! Patschen! Er verzagt aber nicht sondern pusht mich ins Tal, ich rüste rasch um und komme ihm, ein bißchen verbotenerweise, mit dem Auto auf dem Fahrweg zur Gleirschalm entgegen und lese ihn samt Patschenböge auf. Jetzt hat sich auch die Frage automatisch beantwortet, ob er denn vom Abzweig Kematen/Axams mit dem Rad heimfährt oder ich ihn bringe. Trotzdem komme ich zeitig genug daheim an um ja nicht die (außergewöhnliche und tolle – stimmige) 50er Fete meines Brothers Peter zu versäumen.

Tourfazit: Hüttenschlafen (in der Nebensaison) ist immer wertig und gemütlich. Rassige 3000er kann man auch vor der Haustüre noch finden und die Bergkameradschaft ist was wunderbares.

Berg Heil!

Giggi, 17.9.2011

nachfolgend noch ein paar Eindrücke….

der Autor in Aktion

im Abstieg