Similaun, 3606 mtr und Finailspitze, 3514 mtr
Similaun, 3606 mtr und Finailspitze, 3514 mtr
Zum Ende der Lagowoche staune ich nicht schlecht über die Wetterprognose für daheim. Die gewohnte Rückkehr von Tropennächten zurück ins kühle Tirol über den Brenner, wo es in den vergangenen Jahren meist weniger als 10 Grad hatte und angezuckerte Bergspitzen aus den Wolken lugten, sollte einer 2011 noch nie dagewesenen Schönwetterperiode mit mehreren (!!!) Tagen und Temperaturen über 30 Grad weichen?? Tatsächlich! Ich male mir also schon am Gardasee aus, was ich in Tirol in meiner zweiten Urlaubswoche alles anstellen könnte,
und versuche mit einer „Aufhetz-SMS“ an Meister Gert, ob er zu irgendeiner Schandtat bereit wäre. Und siehe da, wie durch Gedankenübertratung hat der Schöffi „vorsorglich“ Montag und Dienstag zwei freie Tage in den Kalender eingetragen (ohne dem Wissen, daß ich mich melden werde, koa Glück hee).
So lasse ich ihm die Tourenplanung über und, bekannterweise sind seine Motivation vornehmlich hohe Gipfel, fällt seine Wahl auf die Ötztaler Alpen. Auch unsere Bikes spielen dabei eine Rolle.
Die Tour beginnt in Vent. Von dort aus schieben wir und radeln, so gut es geht, auf die Martin Busch Hütte.
Dort deponieren wir die Drahtesel und machen erstmal schön Pause auf der Sonnenterrasse. Der Weiterweg zum Similaunhaus wird noch einmal 1:45 min in Anspruch nehmen und nach Ankunft dort haben wir knapp 13 km Wegstrecke und 1100 Höhenmeter in den Beinen.
Nicht wild, nur das schwere 60 mtr Seil, dessen Tragesel ICH für Tag A und Gert für Tag B ist, hat sich bemerkbar gemacht. Auf der Hütte herrscht gut Betrieb, man ist ausgebucht. Was uns wundert sind zahlreiche Mountainbiker (!!) die als Etappenziel die Similaunhütte haben. Ehrwald-Meran ist eine der „kleineren“ Runden. Und die schlechte Nachricht des Tages: unsere 2 Lagerplätze sind im Zimmer Nr. 6, zusammen mit 12 (!!) anderen einer geschlossenen Gruppe. Wir erwischen die letzten 2 Plätze im Stockbett oben (!!). Shit! Gert hat die Ehre, neben einer wildfremden – ängstlich Dreinschauenden zu liegen, ich neben ihm, mein Nachbar ist der Abgrund. Schlafen war fast nicht möglich, Gert als auch mir sind die ganze Nacht die Hände eingeschlafen, bewegen war nicht.
Trotzdem stehen wir am nächsten Tag um 05:30 Uhr auf und sind ausgeruht. Man muß also, auch wenn man es nicht so wahrnimmt, einige Schlafphasen durchmachen, auch wenn man subjektiv der Meinung ist, man war die ganze Nacht wach. Um 06:00 Uhr gibts Frühstück und die 30 Minuten bis dahin waren nützlich ausgefüllt, schliefen doch die meisten Gäste noch in Ihren Betten. Unser Plan war ein zeitiges Morgenmahl und ein ebensolcher Aufbruch mit Erreichen des Similaun-Gipfels um etwa 09:00 Uhr. Nach dem Morgenmampf richteten wir uns her und begaben uns Richtung Aufstiegsroute. Am ersten Schneefeld waren sie schon fleißig dabei, Ihre Steigeisen anzulegen und anzuseilen. Wir machten das aber anders und sind übers erste Eisfeld ohne Seil und Eisen in Richtung des schottrigen Abstiegsweges.
Über den ersten Buckel hinauf erreicht man in Kürze das schöne Firnfeld, das Richtung Gipfel führt. Dort machen wir uns „gletscherfein“ und traben gemütlich, der Höhe entsprechend, weiter.
Vor uns eine 4-er Seilschaft aus Oberösterreich (vermutlich) und 3 Solisten, die von Seil nix halten und in deren Augen vermutlich in die Gletscherspalten „eh immer die anderen“ stürzen. Die Schlüsselstelle bildet ein etwas steilerer Aufschwung Richtung Gipfelgrat, der ist aber bestens mit Trittspuren versehen und problemlos. Am Grat selber stoßen wir auf die 4-er Bande und ziehen noch rasch an Ihnen vorbei.
Das Kreuz erreichen wir um…… 09:00 Uhr. Der starke Wind machts ungemütlich und nach ein paar Bildern und etwas Small-Talk mit einem der Einzelgänger beginnen wir gleich den Abstieg. Unten sehen wir ganze Karawanen, die Richtung Gipfel unterwegs sind. Auf die wollen wir nicht im Steilhang stoßen. Und jetzt machen wir im Abstieg die schöne Gletscherrunde perfekt, und gehen dort hinunter, wo die anderen rauf sind. Ein tolles Gefühl, inmitten der Eiswüste. Um 10:20 Uhr sind wir wieder bei der Similaunhütte und belohnen uns mit einem Kaffeetscherl.
Der Weiterweg führt uns dann, teils versichert, zur Fundstelle des Ötzi auf 3.210 mtr. Ein Bergfex MUSS hier gewesen sein.
Beim Denkmal wollten wir dann auch die weitere Route besprechen, aber schon am Gipfel des Similaun hat uns das 3000er Fieber gepackt, so war es logisch, daß die Finailspitze noch mit auf die „To-do-Liste“ mußte. Wenn die Angaben stimmten, müßte es sich um eine weitere Aufstiegsstunde drehen, ja, es paßte ganz genau. Der Ausblick von dort oben war fantastisch und der Aufstieg war, im letzten Teil, auch recht anspruchsvoll (II), wenn auch nicht überfordernd.
Nach dem Absteigen trafen wir auf einen „crazy American“ mit Filzhose, der sich mit Turnpatschen im Gletschergelände aufhielt und marschierten und kraxelten ein bißchen, schneefrei, genau dem Kamm entlang zum Hauslabjoch, was unsere letzte Station vor dem Abstieg wurde.
Ein letzter Blick zum Ötzi Denkmal und wir koffern die lange Steinwüste hinunter zum Weg, der die Martin Busch Hütte mit der Similaunhütte verbindet.
Kurz vor Erreichen des Weges gibt es einen lauten Aufschrei von Gert: „mei Fotoapparat isch weck!!“. Das Entsetzen war ihm ins Gesicht geschrieben. Ich konnte ihn gut verstehen. Also drehen wir um und suchen mit angestrengten 4 Augen das Gelände ab. Obwohl ich wußte, daß ich beim Abstieg vorne war und Gert mir folgte, suchte er in einem Bereich, den wir nicht begangen hatten. Ich hingegen folgte meiner Spur und siehe da, 100 Höhenmeter zurück konnte ich das schwarze Fotoding aufklauben und es wieder seinem Besitzer übergeben. Dem war die Erleichterung anzusehen.
Jetzt konnte die Plackerei Richtung Martin Busch Hütte richtig starten und wir überholten einen nach dem anderen.
Im Schlußteil konnte ich mich sogar, dank Leichtrucksack (das Seil mußte ja Gert tragen = Tag B) deutlich absetzen und empfing einen schnaubenden Partner, der mein Finish nicht verstand.
Jetzt war es Zeit für einen gemütlichen Ausklang und wir ließen den zweiten Tag so enden, wie der erste anfing, mit einer gemütlichen Terrassenpartie.
Im Anschluß daran präparierte ich mein Bergrad für die Abfahrt (Sattel tiefer, Luft heraus), Gert beließ alles, wie es war und wir genossen den Run ins Tal. Dieser Abschnitt nahm auf diese Art und Weise 35 Minuten (immer noch) in Anspruch. Eine Bestätigung, für die Richtigkeit der Planung mit dieser Abfahrtsvariante gaben uns die – allesamt – müden Gesichter der anderen Absteigenden, aus denen wir lesen konnten, daß sie uns am liebsten von den Rädern gestoßen hätten, um sie für sich selber zu nehmen…..
Schlußsatz: 2 Traumtage in den Ötztalern mit vielen tollen und neuen Eindrücken, 2 Hütten, zwei 3000er, die Ötzifundstelle. Vermutlich das Sommer Highlight 2011.
Giggi, 24.8.2011