Roter Kogel
Roter Kogel
05:50 – der Wecker schellt kurz und ich schnelle hoch. Die Betriebstemperatur erreiche ich nach 7 Minuten, beim ersten Schluck Kaffee. Der Rucksack incl. Verpflegung und Getränke ist seit gestern abend fixfertig gepackt. Mitgehen tut niemand, also brauche ich mich nur auf mich selber konzentrieren und den mit mir selber vereinbarten Aufbruchtermin schiebe ich egoistisch nach vorne. Aufbruch bei der Eisbrücke um 06:50 Uhr. Die Rodelbahn zum Bergheim ist (noch) pickelhart, teilweise vereist. Ich bereue kurz, daß ich nicht das ursprüngliche Ziel, die Hohe Munde angesteuert habe. Aber als mir als „Ersatzziel“ der Rote Kogel einfiel, war alles gut. Ich schlendere die Kufenbahn entlang und bin mit mir selber im Reinen. Der Duft des Frühlings liegt in der Luft, dezenter Modergeruch vermischt mit dem Duft von Tannen – Wald eben. Ich freue mich extrem am Leben und hole mir viele Züge dieses Wohlgeruchs.
Vor der Brücke beim Bergheim zweige ich rechts ab und bis zur Almindalm spürte ich nichts als puren Genuß. Und ab dem weiteren Abzweig, Richtung Potsdamer Hütte bzw zum Roten Kogel beginnt ja erst der Teil der Tour, den ich noch nicht kenne. Ich steige bewußt langsam und genußvoll auf und sauge die ganzen neuen Eindrücke in mich hinein. Die „einst schönste Schitour Tirols“ stand lange schon auf meiner Wunschliste. Unterhalb des Kastengrates war ich kurz unsicher, wie der Weg verläuft – Karte hatte ich natürlich keine mit. Aber das richtige Gefühl und einige Stangenmarkierungen haben mich zu einem kleinen Sattel gelotst, von dem aus man das weitläufige Hochtal und den Gipfel einsehen konnte. Einige Kollegen von der Potsdammer Hütte waren vor mir, auch für Schneeschuwanderer scheint diese Tour wie gemacht. Vom Sattel zieht sich das Hochtal flach und lange Richtung Gipfelaufbau. Die letzten Meter zum Gipfel steigen steil an und ich merke, daß ich schon mehr als 1500 hm Aufstieg in den Füßen habe.
Eine Dreierbande errichtet Schidepot 100 mtr unterhalb vom Gipfel, ich steige mit Schi ganz auf (warum die unten die Schi abstellten, wird mir ein Rätsel bleiben). Die Rast habe ich gut notwendig, verspeist werden Nüsse, 1 Paket Mannerschnitten und 1 Riegel. Die Dreierbande (aus München vermutlich) haut ab, ohne einen Pieps zu sagen. Warum man auf einem Berggipfel, den man verläßt, nicht „pfiati“ sagen kann, bleibt mir ebenso unklar wie das unnötige Schideponieren dort, wo es noch gut aufzusteigen geht.
Ich jedenfalls raste fertig und verabschiede mich (wie es sich gehört) mit einem österreichischen „Servus“ vom letzten Kollegen am Gipfel und starte die Abfahrt, die schlußendlich 45 Minuten dauern wird. Als ich die Dreierbande passiere, die mit Schianziehen beschäftigt war, glotzen sie blöd und ich fahre – natürlich grußlos – an ihnen vorbei. Der steilere Gipfelhang ist gerade noch pulvrig und pistenähnlich eingefahren. Weiter unten, wo es flach wird, konnte ich schöne weite Schwünge ziehen – Genuß pur, jäh unterbrochen aber als ich plötzlich wie von Geisterhand aufgehalten wurde. Ein Schi „versumpfte“ während ich gleichzeitig nach vorne gedrückt wurde, weil es ohne Vorwarnung herbremste vom Feinsten. Gerade noch konnte ich eine Brezen verhindern und gleite weiter talwärts.
Je weiter nach Unten, desto weicher wurde es. Mittlerweile hatte sich die Bewölkung verzogen und ich konnte Sonne pur genießen, mit dem Nachteil, daß der Schnee patzig wurde. Bis zur Almindalm konnte man aber doch noch von einer passablen Abfahrt sprechen. Die Forstwege ab der Alm waren natürlich kein Highlight mehr, aber immer besser, als zu Fuß gehen. Höhepunkt des Forstwegtrails war der Teil vom Bergheim bis zur Eisbrücke, auf diesem Teil spritzte das abrinnende Wasser, daß es nur so eine Freude war. Leichtes Grinsen kam auf, als ich zwei blockierte Autos passierte, beide steckten im grundlosen Schnee fest. Einer berg- und einer talwärts. Auch deswegen bin ich „draußen“ weggegangen. Weiter gings auf grobem Wasserfilm Richtung Ausgangspunkt. Es marschieren noch zwei Tourenkollegen im Aufstieg an mir vorbei und ich lasse mich weiter ins Tal tragen. Letzte Kurve – Einfahrt Wiese – zwei mal schwingen – abchristeln – Ende.
Fazit: schneidige Tour und große Befriedigung spürend, daß ich den heutigen – vermutlich für eine Zeit letzten – Tag für eine so tolle Unternehmung genützt habe.
20.3.2010, Christian H.