Hinterer Daunkopf (Ambergerhütte)
Hinterer Daunkopf (Ambergerhütte)
Ferien, schönes (kaltes) Wetter und halbwegs ausreichend Schnee. Herz, was willst Du mehr.
Aber immer die gleichen Gipfel (auf gleichen Wegen) erklimmen, wird auch langweilig. So schlug ich vor, daß wir eine „Abenteuerschitour“ mit Hüttenübernachtung machen könnten. Sofort dabei: Mario, fast zeitgleich zugesagt hat Michael und schließlich sogar noch Fuzzy (Extraapplaus!!). Aufgrund der Tatsache, daß fast alle Schutzhütten noch geschlossen haben, bot sich die Ambergerhütte an. Der Plan sah wie folgt aus:
Mit Lifthilfe (Eisgrat, Rotadlsessellift, Daunschartenschlepper) bis kurz unter die Daunscharte. Schi schultern und zur Scharte aufsteigen, Abfahrt auf den Sulztalferner – Aufstieg auf den Windacher Daunkogel, Abfahrt zur Ambergerhütte – Nächtigung. Tags darauf: Aufstieg über das Bockkkar zum hinteren Daunkopf und Abfahrt über die Glamergrubm zur Mutterbergalm. Fast wäre er auch aufgegangen der Plan…….
Bereits am Parkplatz empfing uns ein frostiger Hauch in Form von -12°. „Sicher wirds oben feiner werden“ – hofften wir zumindest. Aber denkste: An der Bergstation Eisgrat kam zu den mittlerweile -18° auffrischender Wind dazu und verstärkte das subjektive Empfinden der Kälte unglaublich.
Die Abfahrt zum Rotadllift war kein wirklicher Genuß. Hände und Füße wurden statt warm, immer kälter. Irgendwie kam in mir ein leichter Zweifel darüber auf, ob das wohl die richtige Wahl war. Aber die Tour war schon im Gange und kneifen galt – jetzt – nicht mehr. Rüber zum Daunschartenschlepper hatte ich den Eindruck, daß wir in die Hölle fahren. Der ganze Hang lag im Schatten, der Wind verstärkte sich und an entspanntes Tourengehen war nicht zu denken. An der Schlepperbergstation begutachtete ich den kurzen Aufstieg und sah eine Abrißkante. Es wurde vor einigen Tagen von einem Lawinenabgang vom Daunjoch mit sofortiger Bergung durch Liftangestellte berichtet. Wie ich später erfahren konnte, bestätigte sich meine Vermutung: der Abgang war nicht vom Daunjoch sondern von der Daunscharte. Zumindest war somit gewährleistet, daß der Hang in gewisser Weise „entlastet“ ist.
Ich suche die verwehten Aufstiegsstapfen von Vorgängern und quäle mich hinauf. Eisiger, starker Wind, mittlerweile aufgrund des Schattens etwa -20° und immer wieder Einsinken bis zu den Oberschenkeln. Die Seehöhe betrug mittlerweile auch mehr als 3.100 mtr, was das seinige zur Sauerstoffknappheit beitrug. Fuzzy hechelt mir nach, Mario und Michael müssen sich unten beim Lift noch Ihre Annoraks anziehen. Ich schnallte mir mittlerweile die Schi an und versuchte, hinaufzutretteln. Das gelang mir bis zum Grat ganz gut, dann nochmal die Schi schultern und bei der Einfahrtsstelle auf die Kameraden warten.
Ich als Guide mußte vor, der Schnee in der Scharte war windgepreßt und das Fahren kein echtes Honiglecken. Zudem wurde meine Hoffnung, daß auf der anderen Seite vielleicht die Sonne scheint, wegen deren Tiefstand um diese Jahreszeit auch nicht erfüllt (ich denke mit Wonnen daran, daß wir an dieser Stelle im September – gegen 17:30 Uhr, die Abendsonne in vollen Zügen genießen konnten). Alle kamen nach und probierten – mehr oder weniger erfolgreich – eine schöne Spur zu zaubern.
Sammeln. Nun galt es, den Sulztalferner zu queren und an geeigneter Stelle aufzufellen. Wir fuhren ein gutes Stück hinüber und bereiten uns aufs auffellen vor. Die Dinger wurden ausgepackt und jeder startete einen (erfolglosen) Versuch. Aufgrund der extremen Kälte nahmen die Schi die Form eines Bogens an und die Felle die der dazugehören Sehne. Null, aber wirklich null Chance, daß die behaarten Aufstiegshilfen auch nur annähernd kleben bleiben. Irgendwie war es dann auch egal, daß wir uns entschieden, zur Hütte abzufahren.
Zwei schöne Steilstufen ließen uns kreischen, es war sooooo lässig. Immer wieder warten wir zusammen und „wärmer“ wurde es auch nicht richtig. Bald sahen wir die Hütte und der letzte Hang in den flachen Talgrund erlaubte noch einmal 20 Genußschwünge im Unberührten. Dann noch 15 min hinausschieben.
Ich melde uns an und wir bekommen je ein feines Doppel(stock)bett-Zimmer. Michael und Mario, Ander und ich.
Rucksack verstauen, umziehen und runter in die gemütliche, superwarme Gaststube. Die Hütte teilen wir uns mit etwa 20 anderen Gästen, Platz genug und somit auch Garantie, daß es nicht wirblig und damit erholsamer ist. Schweinsbraten und Kässpätzle werden als Abendessen ausgesucht und schmecken gut. Apfelstrudel hinterher, mit Schlag drauf, eh klar.
Für den Abend haben wir nichts besonderes vor, unseren angeregten Fachsimpeleien folgt der Vorschlag von Mario, mit den Romykarten „Mau-Mau“ zu spielen. Hä? Gesagt getan. Unter Gejohle und Gelächter folgt ein „hier, nimm zwei“ dem nächsten „aussetzen bitte“ und wird garniert von „Richtungswechsel der Herr“. Es dauert nicht lange, da setzen sich zwei anwesende Stubaier Schilehrer zu uns und spielen mit. Die fuhren denselben Weg wie wir ab, aßen (und tranken,wie die hohlen) auf der Hütte und fuhren später ins Tal…… um mit dem Taxi von Gries nach Sölden ins „Fire and Ice“ zu gehen und sich von einem Kollegen um 00:30 Uhr abholen zu lassen, um zurück ins Stubaital zu kommen. Auch eine lockere Aktion, für unter der Woche…..
Um 22:45 Uhr beziehen wir unsere Kistchen,
die zwei Decken geben gerade noch genug Wärme. Das Nachbarzimmer läßt die Tür offen, um Gangwärme einzulassen. Unsere Tür hingegen bleibt zu und ich habe vor dem Schlafengehen noch 3 min gelüftet – hähä! Laut Andi habe ich geschnarcht, beweisen konnte er es aber nicht. Irgendwann am morgen frage ich: „wie spät?“. Boah: 07:45 Uhr!! Draußen war es gar nicht richtig hell? Hängt das mit der Sonnenfinsterniß zusammen? Auf, auf Burschen, Frühstück nur bis 08:00 Uhr.
Nach dem Bauchvolltrommeln tragen wir erstmal die Schi in den (warmen) Schuhraum. Nicht klebende Felle wie gestern können wir heute nicht gebrauchen. Streß haben wir auch keinen. Für den Aufstieg zum hinteren Daunkopf sind 3,5 bis 4 Stunden einzurechnen. Gottseidank, die Felle kleben und gegen 09.00 Uhr brechen wir auf. Es ist wenige Grade „wärmer“ als gestern. Aber immer noch -12° beim Abmarsch. Wind wehte fast keiner – das war wie ein Geschenk. Unsere Aufstiegsroute führt über das Bockkar und ermöglicht damit den direkten Aufstieg zum Gipfel mit Schi. Der Weg führt über herrliche Stufen und Mulden und zieht sich doch gehörig in die Länge. (hier Mario, im Hintergrund die „wilde Leck“ im Winterkleid)
Auf einer Höhe von etwa 3000 mtr versuche ich, die Einfahrt zu einer Abfahrtsvariante zu finden, die es uns ersparen könnte, die Schi etwa 100 hm vom Gipfel Richtung Daunjoch zu tragen. Aber ehrlich gesagt, von oben schaute das alles nicht geheuer aus (siehe nächstes Bild). Und Spuren waren auch nicht zu finden, so ließen wir die Sache bleiben (aber, von der anderen Seite sahen wir bei der Abfahrt, daß die Variante sehr wohl gut zu machen ist und fürs nächste mal sind wir darauf gut vorbereitet).
Die letzten Meter über den Gletscher sind steil und kosten Kraft. Aber als das Gipfelkreuz in Sichtweite kommt, ist die Mühe schnell vergessen. Nach und nach trudeln wir ein, treffen Bekannte von Andi, die von uns freundlicherweise ein Gipfelfoto machen und beeilen uns, nicht zu erfrieren.
Schi schultern, der Marsch Richtung Daunjoch beginnt. Ich selbst steige vielleicht 50 hm ab und schnalle dann die Schi wieder an, mit ein paar Sicherheitsschwüngen ist der steile Abstieg sicherer zu bewältigen. Mike machts mir nach, Ander und Mario fühlen sich wohler zu Fuß.
Wir warten zusammen und fahren bald in die Glamergrube ein.
Der Schnee dort ist leider auch verblasen und es ist keine echte Gaudi. Was bleibt, ist die Gewißheit, eine Variante zu fahren, in der nicht hunderte andere auch unterwegs sind. Wir erwischen noch das eine oder andere schöne Fleckerl und queren schließlich hinein ins Pistengebiet.
Aber bevors endgültig auf Präpariertes geht, warten noch 100 schöne Höhenmeter auf uns.
Die letzten 250 hm jetten wir neben spuckenden Schneekanonen hinunter, hinter der Talstation vorbei direkt zum parkenden Auto. Leider sind die bereitgestellten kleinen Limotetrapacks ein gefrorener Rieseneiswürfel und die kleinen Bierchen lassen sich zwar öffnen, frieren aber – direkt vor den enttäuschten Gesichtern von Mario und Mike – einfach ein. Ende kalt – alles kalt – super wars.
4.1.2011, Giggi