Gschnitzer Tribulaun 2011

Gschnitzer Tribulaun

die warmen Tage der vergangenen Woche waren recht depremierend. Der Versuch, am Donnerstag im Pflerschtal eine Unternehmung zu starten, scheiterte auf Grund der Bedingungen. Dabei lernte ich aber, daß eine klare Nacht alleine NICHT ausreicht, um gute Frühjahrsbedingungen zu schaffen. Es braucht auch niedere Temperaturen (vor allem in der Höhe) UND trockene Luft.

Während ich das Pflersch Schlamassel mit einer Pistentour auf den Hoadl ausklingen lies und nachmittag wieder arbeitete, statt weiter freizumachen, begann ich schon, das Wochenende anders zu planen, als mit einer Schitour. Aber, es kam anders.

Als ich nämlich am Samstag doch lieber – zum weißnichtwievielten mal heuer auf den Hoadl ging, war es am frühen morgen bockgefroren, im Schatten. Na da schau her? Das muß ich genauer begutachten. Ich fahre ab bis zum Dohlennest, trinke ein Coke in der Sonne und schaue der Crew beim kochen und DJ-Anlage aufbauen zu. Dann felle ich wieder auf und toure zurück Richtung Widersberg. Nordwestseitige Hänge, aber bereits schön in der Sonne. Der Harschdeckel hält und meine Pistentour bekommt plötzlich einen kleinen alpintouch. Vom Widersberg fahre ich über dieselbe Seite wieder ab, durch ein Kar bis zum Denkmalhang und zurück zum Auto. In diesem Moment ist mir klar, daß der Sonntag für etwas größeres herhalten muß. Hier mein Geheimkar:

Die LWS-Warnungen (bis zu Stufe 4) der letzten Tage doch noch im Hinterkopf, wollte ich auf besondere Nummer sicher gehen, und wählte ein Ziel, das ich erstens schon lange gerne machen wollte und das zweitens Nord/West Hänge aufwies. Dort sollte (und war es) besonders sicher sein. Um 06:45 Uhr brach ich beim Feuersteinparkplatz auf und ging zuerst, die Schi am Rucksack, etwa 45 min die Forststraße Richtung Tribulaunhaus. Dann konnte man, mit kurzen aperen Stellen, die Schi anlassen.

Der Schnee war gut durchgefroren, die Abstrahlung in der Nacht reichte gut aus, die Luft war auch trocken genug (so, jetzt weiß ich das auch). Das Marschieren machte überhaupt keine Mühen, das weitläufige Gelände unterhalb der Tribulaunhütte läßt Schitourenherzen höher schlagen. Einfach nur dahingehen und träumen, das war meine persönliche Belohnung für die Strapaz` des Schihertragens.

Das flache Gelände am Talende führt steiler werdend weiter  zum Pflerschter Pinggl. Hier könnte ich schon in der Sonne gehen…… Kurz dachte ich ansatzweise über umdisponieren nach.  Aber kneifen wollte ich dann doch nicht, das vorgenommene Ziel soll weiter verfolgt werden.

Ich schlenze nach links und muß einen steilen Graben hinauf. Die Harscheisen greifen super, wie ein Reifen auf Schneefahrbahn der Ketten draufhat. Nach der Steilstufe verflacht sich das Gelände wieder und wird offen und weit. Boaaaaah, isch dess geil, da kanni dann abfahren mit Schwüngen, jeder 100 mtr breit……

Eigentlich erwarte ich die Tribulaunhütte, aber die ist noch weiter links und ich bin, als ich sie sehe, schon 150 mtr ober ihr. Die Piste steilt sich wieder mehr auf und das kleine Kreuzerl, das im Mugelgelände steht, muß ich mir anschauen.

Von dort muß ich, um keine Höhe zu verlieren (und das ist eine der Hausregeln: „wenn nit unbedingt notwendig, NIE Meter freiwillig herschenken!“ 🙂 lange und etwas unnötig ins riesige Schneekar hineinqueren. Vielleicht 750 mtr ohne Spitzkehre in eine Richtung, eine Blase war die Folge. Dann endlich, den anderen Fuß zum „Talfuß“ machen und diesen belasten. Auch wieder sehr lange. Nur nicht unnötig viele Spitzkehren (danke Wolfi, den Hinweis vom Freiger habe ich zu einer weiteren Regel gemacht). Das Spiel wiederholt sich noch sieben oder acht mal, dann kann ich schon fast auf die Scharte greifen. Die Sonne zwinkert über den Bergkamm her.

Aber, mit was ich nicht rechnete, es kam auffrischender, ja teils stürmischer, Wind auf. Und so warm wars nun auch nicht. An der Scharte mußte ich sofort aufrüsten und während dem anziehen begutachtete ich den seilversicherten Kraxel-Einstieg.

Shit, vereißt. Na Bravo, wenn des so weitergeht, kannis lassen.

Aber bevor ich aufgab, wollte ich ein Stück hinaufschauen, obs nicht besser wird. Und es wurde – gottseidank. Ein paar Meter sehr steil hinaufstapfen, der Schnee war hier schon ganz nett weich. Und da, wo im Sommer schon die Hände zu Hilfe genommen werden, ist jetzt hinaufstiefeln angesagt und, den Spuren nach, herunterfahren(rutschen)!! Na Braviö. Durch muß ich hier jedenfalls alleine und ich stehe ja schon mittendrin. Also, weiter.

Der nächste Aufschwung leitet über von dieser Schlüsselstelle in weiterhin steiles – aber wieder schitaugliches – Gelände. Mit den Latten an den Füßen ists mir auch lieber. Nochmal 50 hm rauf, dann kommt der letzte, sehr steile, Hang. Zwei giftige Kehren und die Hürde war gemeistert. Jetzt nur noch das angenehme Gipfelplateau hinauf. Nach ein paar Minuten kommt dann die Erlösung in Form des Gipfelkreuzes. Schnell trage ich mich ein, der Wind ist sehr unangenehm. Und, der berühmte Nachbar auf der anderen Seite muß natürlich auch abgelichtet werden. Was für ein Aufstieg, aus dieser Perspektive schaut der Habicht-Süd-Aufstieg noch furchteinflössender aus, als er ist.

Ohne Rast will ich diesen unwirklichen Ort schnell verlassen. Abfellen, Eisen verstauen und schon schwinge ich den Gipfelhang, bei bestem 3cm Firn, hinab. Die Steilstufe hinunter geht viel einfacher als rauf.

Noch ein paar Sicherheitsbögen und dann stehe ich vor der Rinne, die zur Seilversicherung runterführt. Vorsichtig abrutschen! Hier: eindeutige Non-Sturz-Zone. Ein Kaiserjosef-Schwung. Quer hinab eine 3 mtr hohe Kurzstufe, extrem steil. Den Schwung rasant abbremsen, Schnaufen. Kaiser Josef-Schwung Nr. zwei. Geschafft. Auf der kleinen Terrasse, 10 mtr über dem Stahlseil, entscheide ich, die Schi auf den Rucksack zu schnallen, wenn auch nur für 30 Abstiegsmeter, aber um auf alle Fälle beide Hände frei zu haben. Ich ramme die Schischuhfersen in den Firn, sechs sieben mal. Jetzt kann ich mich am Drahtseil halten und krale langsam rückwärts runter Richtung Scharte. Endlich – unten! Schnell die Schi wieder anziehen, jetzt fängt der große Abfahrtsspaß an. Nach der Einfahrt ins Kar schiebt sich eine Wolke vor die Sonne. Ich warte solange, bis der Schatten wieder dem Licht weicht und dann krache ich, mit riesengroßen Schwüngen, das Schneekar hinab. Harter, aber griffiger Harsch. Bei jedem Schwung kollern viele kleine Schneegammel hinab, sie haben die gleiche Geschwindigkeit wie ich und es war, als ob sie mit mir um die Wette kugeln wollten.

Unten beim Holzkreuzerl blieb ich etwas oberhalb und konnte dadurch den nächsten schönen Steilkarteil erreichen, den ich beim Aufstieg umgangen bin.

Wieder ein paar grobe Carvbögen und ohne Pause gehts weiter in den auffirnenden Schlußteil dieser Wahnsinsabfahrt. Einmal mußte ich noch rasten, bevor ich das Finale antrat und mich  die letzte Steilmulde hinabstürzte. Unten im Talboden cruiste ich dann hinaus, bis zu einer Bank, wo ich mir die Sonne schön auf den Bauch scheinen ließ. Weiter den Forstweg, teils fahrend, teils tragend, zurück.

Schließlich, um 13:00 Uhr wieder beim Auto. Glücklich – wie immer – wenn eine tolle Tour „aufgegangen“ ist.

Noch Fotos hier: https://picasaweb.google.com/berg.schneefan/100411SkitourGschnitztalerTribulaun#

Giggi, 10.4.2011