Gipfelstürmerweg-Karwendel

4:40 Uhr pipip pipip pipip – yuhuui, aussi aus die Federn. Erste Tagesetappen heute: 05:36: Bus von Birgitz nach Innsbruck; 06:37: Zug von Innsbruck nach Scharnitz. Der Busfahrer ist vollkommen „overturned“ und laßt den 50-Sitzer mit über 100 Sachen „es Straßl oi“. Ganz wohl war mir nicht mehr. Auch in der Stadt war 50 scheinbar sein unterstes Limit. Heil am Bahnhof angekommen, stolpere ich über einen quer (!!) auf der Stiege liegenden, halb schlafenden und halb bewußtlosen, angesoffenen Jugendlichen. Ma bärig! Es folgen ungläubige Blicke von kleinen Japanerinnen, die offensichtlich noch nie einen großen Mann mit Bergschuhen und Rucksack sahen. Ich hole mir einen Kaffee und mache das erstemal Bekanntschaft mit dem Fahrkartenautomat. Geht ja, hähä. Auf den Zug warte ich draußen, in der Halle ist heute nicht meins. Der Treno startet pünktlich und die Fahrt durch die Martinswand hat doch allemal was. Um 07:45 steige ich in Scharnitz aus und werfe das GPS Gerät an. Ein sauberer Track soll heute eine meiner Belohnungen sein. Ich marschiere der Isar entlang, wechsle aber bald ins Gleirschtal.

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Blick in die Gleirschklamm, ein eigenes Auflugsziel
Die Amtsäge ist mein erstes Ziel, kurz vorher biege ich aber nach rechts ab zur Kristenalm. Noch ist es Forstweggehatsche, flach und lang aber notwendig. Notwendig, um zum Beginn des Gipfelstürmerwegs zu kommen, der sich bald nach der Kristenalm problemlos finden läßt.

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Der Pfad schlängelt sich zuerst durch Wald, später über Latschenhänge und ganz zum Schluß über Grobschotter Richtung Frau Hitt Scharte, nicht ohne mühsame Abstiege und Querungen. In Summe kommen noch einmal gut 250 Aufstiegsmeter dazu.

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hier verlierst Du gut 150 hm
Vor dem See im Frau Hitt Kar fängt es richtig zum „prascheln“ an. Ich rechnete aber förmlich damit, weil ich nun auf die höchste Stelle der Tour zugehe und ich mir schon vorher ausmalte, daß genau dort die Regenwolken hängen werden. Der See war leider nicht da (nicht so am 12.6.2010, siehe Foto ). Ich mühe mich den steilen weg hinauf. Wer hat den angelegt? Schon meine Schwester erzählte mir davon und meinte: „dess war mei` härteste Tour“. Jetzt weiß ich, wovon sie sprach, ist Ihre Meßlatte ja keine Mehrstundentour, sondern eine 1,5 Stunden Almwanderung.

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elendig steiler Anstieg vor dem Frau Hitt Kar
Kurz vor der Scharte wirds richtig unnötig, es regnet, ist rutschig, steil, fast weglos und ich denke mir: „warum machst Du das eigentlich?“. Aber da tauchen Seilversicherungen auf und es geht mir gleich besser. Die Passage ist nicht schwer, aber aufgrund der Nässe ist es schmierig und glitschig. Ich passe gut auf, ausgleiten könnte fatal enden, zumindest würde ich mir mit Sicherheit weh tun. Entlang des Stahlseiles hantle ich mich rauf und ziehe mich über den letzten Aufschwung genau auf den Frau Hitt Sattel.

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Geeeeeschafft! Hinten runter, wo es windstill ist. Im Rucksack ist noch 1 ltr Mineralwasser (mit Kohlensäure), die ziehe ich raus und nehme kräftige Schlucke, was mir kurz nachher, beim Abstieg, ein recht grobes „Bäuerchen“ entlockt. Was solls, ist ja weit und breit niemand da……., oder?  „Mahlzeit“ schreit plötzlich einer, 25 mtr ober mir vom Brandjochgrat runter. Er steht oben, im Regen, Kapuze auf und hat sich offensichtlich darüber gefreut, daß er nicht der einzig Irre ist, der an so einem Tag unterwegs ist. Nach kurzem Smalltalk geht jeder seine Wege und ich muß noch ein bißchen grinsen, wegen dem ungenierten Aufstosser. Der Weiterweg Richtung Höttinger Alm wird gemächlich und sauber gegangen, die Ausrutschgefahr ist allgegenwärtig und hat vor 1 Jahr sogar ein Todesopfer in dieser Zone gefordert. Kurz vor der Höttinger Alm muß ich kurz rasten und haue mir die Mannerschnitten rein. Die Alm selber lasse ich links liegen und wähle als Abstiegsweg den (steilen) Steig. Wo er in den Wald mündet, versperren geschlägerte Bäume und herumliegende Äste den Weg und zweimal „hauts mich auf dem schmierigen Holzzeugs auf die Goschn“.

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„Weg gesperrt!“ – war aber nur auf der anderen Seite zu lesen. Von da wo ich kam, offensichtlich nicht notwendig. Ich jete weiter Richtung Tal bis auf einem Wegweiser „Gramart“ aufscheint. Kindheitserinnerungen an den schönsten Spielplatz der Welt werden wach. Dutzende male ist meine Mutter mit uns dorthin. Ich will Gramart so schnell es geht erreichen und nehme jeden kleinen Trampelpfad an, der nur pfeilsgrade nach unten führt. Die Orientierung ist nur nach Gefühl – eigentlich habe ich keinen blassen Schimmer, wo ich genau umgehe. Aber, lange dauerts nicht und das Gelände öffnet sich, ich bin da. Es ist alles fast so wie früher. Ein paar mehr Spielgeräte stehen herum, WIR fanden früher minimalistischer das Auskommen. Zum Abschluß wählte ich den kürzesten Weg Richung Innsbruck: den durch „die Höll`“, das ist die verlängerte Dorfgasse (später Gramartstraße), die vom Gramart sehr steil – direkt ins Dorfzentrum von Hötting führt (befahren nur für Anrainer erlaubt und von oben kommend von 1.11. bis 31.3. generell verboten). Die Walli hat sich im Dorfdschungel verfahren und so hoppelte ich ihr bis zum „Schießstand“ entgegen. Dort schmiss ich mein Zeugs ins Auto und ließ mich selbst auf den Beifahrersitz fallen.
Kein Wunder, nach 30,38 km; 6:37 in Bewegung und 1546 Aufstiegsmetern war ich ehrlich geschafft.
Meine Zusammenfassung. Grandiose Karwendelüberschreitung für Liebhaber von längeren Touren, denen „Talhatscher“ nix ausmachen.

Giggi, 23.7.2011

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