Augsburger Höhenweg
Samstag: Schnann – Ansbacher Hütte – Roland Ritter Biwak
die Attribute “schwierigster Höhenweg der Alpen” und die vermerkte Tatsache, dass nur etwa 200 Personen im Jahr den AHW begehen, machte mich bei der Recherche neugierig.
Keine Frage, dass der Weg so lange in meinem Kopf herumspukte, bis ich ihn als “Herbstour 2020” plante. Als ich am Mittwoch vor dem Start – es war herrliches stabiles Wanderwetter
prognostiziert, um ein Zimmer/Lager auf der Ansbacher Hütte anfragte, verging mir aber das Lachen. “Wir sind schon seit Wochen ausgebucht!”. Das bekam ich auch auf der Augsburger
Hütte und dem Kaiserjochhaus zu hören. Es erinnerte mich an die Aussage der Wirtin der Frischmannhütte. Dort hatte ich 2019 kein Glück, weil “eine große Gruppe aus Deutschland
bereits im Februar gebucht hat”. Aber gerade dieser Umstand motivierte mich noch mehr, die Tour zu planen und vor Allem, ZU MACHEN. Da mich Mario begleitete, und ich weiß,
dass er ein großartiger kollegialer Partner ist, und “flexibel”, plante ich die Übernachtung auf dem Roland Ritter Biwak. Was sich romantisch anhört, war aber eine logistische Heraus-
forderung. Es gibt nämlich kein Wasser auf 2.604 mtr Seehöhe. Und erhöhter Bedarf war gegeben. Wollten wir doch eine warme Mahlzeit, Kaffee am Morgen und benötigten für den Folgetag
eine große Menge Trinkwasser. Das waren aber alles lösbare Probleme, verbunden jedoch mit der Tatsache, dass der Rucksack dann 15 kg wog.
Wir parkten das Auto in Schnann und wollten über die Schnanner Klamm aufsteigen. Leider ist diese seit 2018 gesperrt. Die Ansbacher Hütte hätten wir bei dieser Variante nicht gesehen.
Es blieb uns nur die Möglichkeit, vorbei an der Fritzhütte zur Ansbacher Hütte zu wandern.
Startpunkt Schnann, der Aufstieg zur Fritzhütte teils abenteuerlich, im freien Gelände ein feiner Steig zum Zwischenziel, der Ansbacher Hütte
Dort angekommen gönnten wir uns Apfelstrudel und Kaffee. Halbleise verkündeten wir dem
Hüttenwirt, dass wir – mangels Schlafplatz auf der Hütte – das Roland Ritter Biwak ansteuerten. Nach einer halben Stunde setzten wir unseren Weg – den Augsburger Höhenweg – fort.
Es war klar, dass es nicht mehr viele Möglichkeiten geben würde, an das erforderliche Wasser zu kommen. Das gelang uns Gott sei Dank, in der Senke unterhalb des Winterjöchls. Einige
Höhenmeter stiegen wir ab und wurden fündig.
durch den schroffen Kamm führt der Weg, direkt vor uns das und Abstieg Richtung Winterjöchl; Mario bei der Quelle (danach hatten wir 15kg Kaliber am Buckel)
Entgegenkommende Wanderer meinten, “danach gibts nix mehr” (was nicht stimmte, etwa 45 Minuten vor Ziel gäbe es auch noch eine
Quelle (diese nutzten wir am Folgetag). Der nun 15 kg schwere Rucksack drückte schwer auf unsere Schultern. Die technischen Passagen mit schwerem Gepäck waren sehr kraftraubend.
steiles Geröllgelände, ohne gute Tritte, gab sich nahtlos die Hand mit seilversicherten Abschnitten mittlerer Schwierigkeit
Aber etwa 6,5 Stunden nach dem Aufbruch trafen wir am Biwak ein. Es war leer. Wir hatten uns schon ausgemalt, was denn sein werde, wenn bereits 4 Personen – oder gar 6 – die
Unterkunft in Beschlag genommen hätten.
Bis zum Übernachten im Freien wäre alles denkbar gewesen – und wir hätten es tun können. So war es aber wesentlich angenehmer.
Wir loggten ein und begannen, unser Abendessen zuzubereiten. Nicht ohne uns vorher der Körperpflege hinzugeben. Auf der Bank vor dem Biwak genossen wir Essen und Ruhe.
Etwa 1 Stunde später trafen zwei Junge Deutsche Bergsteiger ein. Sie hatten, wie wir, keine Schlafplätze mehr ergattert und sich auch für “die Schachtel” entschieden. Flugs räumten wir
Alles nach rechts, so hatte jede Partei ein Stockbett für sich. Um 20.00 Uhr lagen wir in unseren Kojen – kaputt von der Schinderei (immerhin waren es ca 1900 Höhenmeter, die wir –
mit dem schweren Gepäck – aufstiegen). Der letzte Blick galt der Eisenspitze – genau vis a vis, und Sehnsüchte wurden geweckt.
Eisenspitze im Abendlicht, gezoomt von der Sitzbank vor dem Biwak; ein “Auftrag” für den nächsten Tag
Sonntag: Roland Ritter Biwak – Eisenspitze – Dawinkopf – Augsburger Hütte
das vorhandene Wasser reichte gut für das Kaffedscherl und das Müsli. Dann stellten wir fest, dass der Verbrauch, inclusive nächtlichem Durstlöschen, zu intensiv war. Etwa 0,5 ltr
würden keinesfalls reichen, um uns über den Tag zu bringen. “Es gibt Orte auf der Welt, wo Menschen (täglich!) 8 Stunden und mehr damit verbringen, um an Wasser zu gelangen.”
war Marios Einwurf. Wir konnten aber – eigentlich als bequem zu werten, 30 Minuten entgegen unserer Zielrichtung absteigen, und ausreichend H2O in unsere Behältnisse füllen.
Zurück beim Biwak waren wir in weiteren 40 Minuten. Wir schnappten unsere Rucksäcke und stiegen die paar Meter zur Parseierscharte auf. Dort deponierten wir die Dinger und
stiegen schwachen Steigspuren nach, die uns zur Eisenspitze führen sollten. Irgendwann mussten wir unangenehm über grobe Schutthänge queren und im I-er Gelände dann und wann
Hand anlegen, um vorwärts zu kommen.
wüste Kralerei zum Jöchl unterhalb der Eisenspitze……
Wir erreichten eine Scharte, von der aus wir direkt ins Gipfeljöchl überwechselten. Die vermeintliche rote “Weg-“Markierung war eine
für den angebrachten Abseilhaken. Trotzdem war sie nützlich, weil sie uns das Gefühl gab, richtig zu sein. Drüben dann sahen wir den Aufstiegskamin, der mit Kletterseilen zum halten
gesichert war. Das II-er Gelände wurde dadurch deutlich entschärft. In wenigen Minuten lugten wir über den letzten Fels, dort, wo die Seile endeten und das schöne riesige Gipfelkreuz
zum Vorschein kam.
Stimmen waren zu hören….. Ein fittes einheimisches Kletterpaar kam uns entgegen, sie stiegen die Westkante auf. Sie wünschten uns Bergheil und wir Ihnen einen
sicheren Abstieg (durch die Rinne, die wohl im Winter als Schitourenzustieg genutzt wird). Am Gipfel kam mir ein lauter Juchzer aus. Stolz standen wir da, Mario und ich. Ganz selten
werde ich weinerlich bei einem Gipfelsieg, auf der Eisenspitze war es wieder so weit. Vorsichtig kralten wir wieder hinunter in die Scharte und zurück zum Übergang in den Geröllhaufen.
Am Grat tasteten wir uns langsam zurück zu den Rucksäcken. Nun waren schon 3 h (incl. dem Wasserholen) um, und es stand uns noch der anspruchsvollste Teil des AHW bevor (das wussten
wir aber noch nicht). Noch gute 5 Stunden hochkonzentriertem Gehens waren notwendig, bis wir bei der Augsburger Hütte eintrafen. Die Passage zur Dawinscharte ließ uns dauernd
rätseln, wo denn wohl der Weg entlang führen würde.
ewig lange (hier nicht sichtbar) – ausgesetzte – versicherte Hangquerungen, abklettern, und Rätselraten – wo es weiter ging……………
Die Auflösung kam immer nur stückchenweise, nach ausreichender Sicht. Abschnitt für Abschnitt löste sich das Wegerätsel.
Was unmöglich schien, entpuppte sich als gut machbar. Die Verhältnisse (schneefrei, trocken, gute Sicht, angenehme Temperaturen) halfen uns. Was mir auffiel, sind die Unmengen an
Seilsicherungen, die den Weg geziert haben. Wer Gehen im ausgesetzten Gelände nicht mag, sollte sich in das Abenteuer AHW NICHT wagen. Bei Restschnee (bis spät ins Jahr hinein),
herrscht sogar Lebensgefahr (siehe Unfall 2018). Schmale ausgesetzte Pfade wechselten sich ab mit versicherten Abstiegen. Der Zustieg zur Dawinscharte führte entlang eines
Risses – der wilder ausschaute, als er schlussendlich war. Von der Weite erspähten wir dann etwas, was wie eine Seilbrücke aussah, sich aber als verschieden lange Seilsicherungen
für den Übertritt der Scharte zeigte.
Seilbrücke? Nein – Hilfsseile verschiedener Länge, um auch bei Schneegefüllter Rinne einen sicheren Überstieg zu ermöglichen. Stahlseilversichert bis zur Dawinscharte
Nach dem Passieren ging es ohne Verschnaufpause in den steilen finalen Aufstieg, bestens versichert, jedoch ausgesetzt aber anregend zu gehen.
Oben rasteten wir kurz und wunderten uns zum wiederholten Male, wo denn der Weg auf den Dawinkopf entlang führen konnte. Die Auflösung folgte wie so oft bei dieser Tour nur
Scheibchenweise. Mühsam hantelten wir uns den unzähligen Stahlseilen entlang, stiegen steile Abschnitte auf um wieder und wieder ja nicht die Hände von den metallenen Geländer zu lassen.
Bald kam der Übergang zum Klettersteigähnlichen Schluss-Anstieg zum Gipfel. Problemlos und kurzweilig.
direkt am Grat und südlich des vorgelagerten Gipfels führt die Route. Gut festhalten war die Devise
Oben trug ich “Mario und Giggi, weiter zur Augsburger Hütte” ein und unsere
Gesichter wurden um einiges länger, als wir sahen, dass die Stahlseilversicherungen kein Ende nahmen und uns weiteres konzentriertes Gehen bevor stand.
kurz vor dem Dawinkopf (2.968 mtr). Erste Blicke in den weiteren Wegverlauf. Und wieder: Stahlseil um Stahlseil…….
Als wir am Grinner Ferner
eintrafen, erreichten uns erste Regentropfen. Den Rat des fitten Bergfuchses, den wir oberhalb der Dawinscharte trafen, statt über die Gasillschlucht abzusteigen, den Gatschkopf mit-
zunehmen, befolgten wir nicht. Vom Gatschkopf wäre der Abstieg zur Hütte ein steiler Pfad, durch die Gasillschlucht ist es zwar kürzer, dafür aber auf etwa 200 HM schon wieder drahtseil-
versichert und teils mit Krampen versehen.
Am Grinner Ferner. Abenteuerliche Wegführung und die letzten der schier nie endenden Abstiegshilfen aus Metall……
Am Ende des Abschnittes hieß es dann, das unangenehme Steilgeröllfeld abzusteigen, bis ein Wiesenpfad mit wenigen Aufstiegsmetern
garniert, zur Hütte führt. Dort waren die Mädels mit Helfern beim “Zammenpacken”. Verwundert wurden wir gefragt, wohin wir noch gehen wollten? Der Hinweis, dass meine Frage
im Vorfeld nach offenem Winterraum mit “ja” beantwortet wurde, führte dazu, dass wir Quartier bekamen. Und Radler, und Bier. Wir stärkten uns, ich trank das Bier viel zu schnell.
Um 20.00 Uhr lagen wir beide flach und kamen erst um 7.00 Uhr früh wieder zu uns.
Montag: Augsburger Hütte – Pians
Während die Wirtsleute auf der Sonnenterrasse die Ruhe und Frühstück genossen, setzten wir uns
auf die Stiege vor dem Lager und entdeckten weiße kalte Hügel. Hagelkörner vom Unwetter des Vortages, das ab 18.00 Uhr wütete und uns am Vorabend in den Schlaf geholfen hatte.
Ohne Zeitdruck machten wir uns Abmarschbereit. Unser Versuch, über den in der Karte eingezeichneten Pfad Richtung Strengen zu kommen, schlug leider fehl. Während wir den
versteckten Einstieg noch gut fanden und uns über jede weitere rote Wegmarkierung wie die Rohrspatzen freuten, lotste uns ein “Irrsteig” in ein Latschengewirr, in dem kein
vorwärts kommen mehr möglich war. Augenscheinlich muss es hier schon Mehreren so ergangen sein, weil deutliche Begehungsspuren eben dazu führten, dass ein Steiglein entstand,
dem man leider geneigt war, zu folgen. Der Entschluss, um zu kehren war einzig richtig.
hier eine Übersicht – 1: Irrsteig dem wir gefolgt sind; 2: richtiger Pfad (etwas Abstieg erforderlich); 3: “Rettungssteig” zum Hüttenauf/Abstieg
bis hierher war noch alles klar, gleich danach haben wir uns im Bereich links des zweiten Bildes verstiegen. Zurück am Weg gings 2 x über den Gasillbach (weniger später war die
Brücke weg)
Aber den auf der Karte schwarz gepunkteten Steig zu finden, der auf den sicheren Abstiegspfad
führte, war auch nicht einfach, ist aber erleichternder Weise gelungen. Einmal setzten wir noch spannend über den Gasillbach um gleich weiter unten angenehm über die Brücke wieder
auf die andere Seite zu gelangen. Steil hinab ging es bis zu einer Weide, wo wir feinstens sitzend in einem Jägerstand Marios immer noch prall gefüllte Vorratskiste erleichterten.
Anschließend freuten wir uns unten bei der Rostskulptur über den Plausch mit den beiden Einheimischen Senioren. Oberhalb heulte plötzlich ein Hubschrauber auf, und flog, nach dem
Müll der Hütte, auch die Brücke – die wir kurz zuvor noch begangen hatten, ins Tal. “Ihr seid Schlusslicht – ha?”, meinte einer der beiden. Und es kam mir wirklich so vor, als ob wir Zeugen
wurden, dass der Berg soeben “zugemacht” wurde. Im Dorf Grins angekommen, stärkten wir uns beim Kirchbrunnen und erfuhren von den Bewohnern, wie man über die Abkürzung am
schnellsten nach Pians kommt.
Dawinkopf im Zoom, die eigentümliche Rostskulptur und ein Grab schöner als das andere geschmückt und gepflegt im Grinner Friedhof
Dort trafen wir um 15:37 ein – vermeintlich ideal, weil der Anschlussbus nach Schnann um 15.38 Uhr von Zams startete (diese Notiz hatte ich mit, weil das
ursprünglich geplante Ende der Tour im Zams gewesen wäre). Planabfahrt in Pians-Dorf: 15:43 Uhr. Besser konnte es nicht sein. Als aber um 16.00 Uhr noch immer kein Bus kam, brachen
wir zu Fuß auf zur nächsten Haltestelle, wo gegenübe eine Tankstelle war, der wir 2 Radler abkauften. Wir saßen auf der Bank und genossen das Kühlgetränk, als plötzlich um 16:25 Uhr
der Bus mit Nr. 4242 ums Eck kam. Scheinbar gab es einen “Coronafahrplan” (wir fahren, wie es kommt). Während uns die Verspätung des ersten Busses nicht schmeckte, war diesmal
das Unpünktliche willkommen. Bald erreichten wir Schnann und tuckerten glücklich und erschöpft nach Hause.
Danke Mario für die Begleitung – ich weiß, dass so eine Tour einen ausgewählten, unkomplizierten, abenteuerlustigen Partner braucht .
Giggi, 22.9.2020
Da kann i nur sagen Respekt!!!!
Bravo Jungs, toller Tourbericht,
Bravo Jungs. Gute Recherche Giggi. 🙂
Einfach nur gewaltig
Respekt an meinen Bruder+Mario, bravo!!!
hilli es war mir eine ehre mit dir das zuerleben DANKE fürs mitnehmen wieder eine Abenteuerliche bergtour die ich nie vergessen werde.
Und der bericht ist der hammer DANKE
Super Burschn